Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! Dieses uralte deutsche Sprichwort kennt jeder von uns. Leider lässt sich nicht nachvollziehen, woher es stammt. Es könnte beispielsweise auf der alttestamentarischen Geschichte der Traumdeutung des Pharaos durch Josef im 1. Mose 41 fußen. Dort träumt der Pharao von 7 schönen und fetten Kühen, die von 7 mageren Kühen gefressen werden und von 7 vollen Kornähren, die von 7 dünnen Ähren verschlungen werden. Oder, wer es lieber weltlich statt christlich mag, vielleicht fußt das Sprichwort auch auf der altgriechischen Tierfabel des Grashüpfers und der Ameise von Äsop. Hier hat die Ameise den ganzen Sommer Vorräte für den Winter gesammelt, während der Grashüpfer verschwenderisch in den Tag hinein lebte. Als der Winter kam, zehrte die Ameise von ihren Vorräten, der Grashüpfer verhungerte und erfror.
Eines haben die Geschichten und das Sprichwort gemeinsam. Die Kernaussage: Wenn es dir gut geht, leg was für schlechte Zeiten an die Seite. Nochmal: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! Und das wir uns aktuell mit dieser Pandemie in der schlimmsten wirtschaftlichen Not der Nachkriegszeit befinden, ist doch wohl unumstritten. Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz oder sind von Kurzarbeit betroffen. Restaurants und Bars dürfen nicht öffnen. Künstlerinnen und Künstler können nicht auftreten, weil Theater geschlossen und andere Großveranstaltungen verboten sind. Pflegekräfte in Krankenhäusern, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in der Altenpflege riskieren täglich ihre Gesundheit und müssen härter arbeiten, als wir es uns überhaupt vorstellen können. Und das sind nur einige Beispiele für diese harte Pandemie.
Auf der anderen Seite haben wir als Stadt eine Rücklage von rd. 25 Mio. Euro in den guten Jahren angehäuft. Die lokale Presse schrieb richtigerweise „Bad Oeynhausen schwimmt im Geld!“ Und dieses Geld, wenn Sie so wollen die Vorräte der Ameise oder die 7 fetten Kühe oder Kornähren, ist das, was wir in guten Jahren beiseite geschafft haben. Jetzt, in der Not, sollten wir diese Vorräte zu Gunsten eines kommunalen Konjunkturprogramms und einer kommunalen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nach und nach aufbrauchen, schließlich sind wir ja auch kein Sparclub!
Wir leben in verrückten Zeiten, auch finanzpolitisch! Kredite gibt es zum Nulltarif, ja sogar zu Negativzinsen wurden Kredite dem Kämmerer angeboten. Das heißt, wir zahlen nicht mal das zurück, was wir entliehen haben. Andererseits verlieren unsere Rücklagen in Höhe von 25 Mio. Euro an Wert, da wir keine Zinsen erhalten, zum Teil sogar Negativzinsen für die Rücklagen berappen müssen. Und die Inflation zieht erst noch richtig an. Dies sind ebenfalls gute Argumente, der langjährigen und schon fast heiligen schwarzen Null Lebewohl zu sagen. Künftige Generationen werden uns die Sparwut eben nicht danken, wenn andererseits die Infrastruktur kaputtgespart wird.
Ein weiterer, aber nicht weniger wichtiger Punkt insbesondere für die Steuersenkungen ist folgender: Das 5er-Bündnis musste ab 2015 die Steuerhebesätze der kommunalen Steuern auf das Landesniveau NRW erhöhen, da sich Bad Oeynhausen in der Zeit in der Haushaltssicherung befand und der Nothaushalt drohte. Im Nachhinein wissen wir, dass wir nie in das Nothaushaltsrecht gerutscht wären. Die damalige Steuererhöhung wurde den Bürgerinnen und Bürgern, wie wir heute wissen, unnötiger Weise aufgezwungen. Wir haben immer gesagt, wenn die Erhöhung im Nachhinein nicht notwendig war und wir bei den Rücklagen etwas mehr Luft haben, dann geben wir die Erhöhung zurück. Und zurückgeben heißt dann eben auch, nicht nur auf das Niveau von 2015 zu gehen sondern, wenn auch nur leicht, darunter.
Daneben wollen wir insbesondere unsere Schulstandorte sichern und zukunftsfähig gestalten. Der Ortsteil Rehme darf nicht länger vor sich hin darben, die Innenstadt muss endlich zukunftsorientiert gestaltet werden, die Aufforstung mit jährlich 1000 neuen Bäumen ist nicht nur nachhaltig, sondern mit Blick auf unser Klima und unsere Natur, dringend geboten! Aus diesem Grund wollen wir auch Privathaushalte animieren, sich für Photovoltaik und Regenwassernutzung zu engagieren. Dieser Planet und diese Stadt sind einzigartig, hier sollen auch in den nächsten Jahrhunderten Menschen gut und gern leben können!
Wir haben jetzt eine Menschenleben bedrohende und unser aller Gesundheit gefährdende Krise zu meistern, ja geradezu zu überleben. Eine Krise, deren wirtschaftliche, finanzielle und arbeitsmarktpolitische Negativerscheinungen in der noch viel zu jungen Demokratie unseres Landes seit Ende des 2. Weltkrieges uns allen derzeit stark zu schaffen macht. Historiker werden die derzeitige Pandemie COVID 19 später in Ihren Geschichtsbüchern mit der Spanischen Grippe oder der Pest vergleichen. Nie zuvor hat es in den letzten 100 Jahren so harte -nicht anthropogene- Einschnitte in das gesellschaftliche Leben gegeben wie es jetzt gerade geschehen ist und noch geschieht.
Der richtige Weg zwischen Lockerung der Verbote und Beschränkungen einerseits und die Verschärfung von eben diesen Maßnahmen bei erneuten Inzidenzwertsteigerungen andererseits nagt an unserer Psyche und auch an unserer Physis. Aber eben auch an unserer Wirtschaft und unseren Geldbörsen! Für letzteres gibt es Hilfspakete auf Bundes- und Landesebene. Lassen Sie uns gemeinsam genau hier auf kommunaler Ebene anpacken und den Menschen etwas von dem zurückgeben, das wir nun wirklich weder wirtschaftlich, noch fiskalpolitisch logisch, auf der hohen Kante haben!
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!
Wir bitten um Zustimmung zur Veränderungsliste des 3er-Bündnisses aus FDP, BBO und DIE LINKE./UW.